Alter Bridge – Fortress

AB-Fortress

David Timsit

Label: Roadrunner Records
Spielzeit: 62:47

Flow und Perfektionismus vertragen sich eigentlich nicht. Das eine ist Bauchgefühl und das andere Kopfsache. Bei ALTER BRIDGE war das immer ein wenig anders. Hier regiert nicht diese Art von Perfektion, die einem schweißtreibenden, mühevollen Prozess entspringt. Das haben diese vollendeten Musiker längst hinter sich gelassen. Heutzutage zehren sie von der lange erworbenen und in die Wiege gelegten Kunstfertigkeit und brauchen nichts weiter zu tun, als dieses Potential abzurufen. Doch auch das kann mitunter ein mühevoller Prozess sein, wenn persönliche oder professionelle Rahmenbedingungen unstimmig sind. Deshalb klang die letzte Scheibe „AB III“ auch ein wenig eingefahren. Nicht wirklich schlecht, aber ratlos, bemüht und formelhaft. Während das Debüt vor Spielfreude und Frische noch übersprudelte, wirkte die Band anno 2010 abgenutzt.

Mit Album Nummer Vier ist diese Tristesse glücklicherweise Geschichte. Auf „Fortress“ gibt es mehr von allem, ohne dass es nach Geschmacksverstärker schmeckt – mehr Riffs, mehr Refrains, mehr Tempowechsel, mehr Sound, mehr Abwechslung.  Mühelos toppt das Gespann um Mark Tremonti und Myles Kennedy alles, das die Band seit dem Debüt hervorgebracht hat. Mit ohrenschmeichelnder Musikalität schnörkeln sich selbst die härtesten Parts samtweich durch die Boxen. Am Stück gehört funktioniert dieses Album am besten. Auch wenn einige Songs, wie das treibende „Bleed It Dry“ oder das epische „Calm The Fire“ besonders hervorstechen, ist es doch dieser besondere Fluss von Sekunde Eins bis zum verklingen des letzten Tons, der den besonderen Hörgenuss dieser Scheibe ausmacht. Der etwas voluminösere, weniger ausgehöhlte Sound als gewohnt, trägt zu dem Gefühl angenehmer Wärme bei, welches von dem Werk ausgeht.

ALTER BRIDGE haben sich und ihren Fans mit „Fortress“ ein wunderbares Geschenk gemacht. Gerade als die Erwartungshaltung gegenüber der Band allgemein etwas zu sinken schien, besann sie sich auf ihre Stärken und entdeckte Verspieltheit und Frische wieder. Viel dürfte dieses Jahr nicht mehr kommen, das der Band die Auszeichnung „Album des Jahres“ streitig machen könnte.

9,5/10

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